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12.11.2019
// INTERVIEW JULIA DORNY
// "Wir brauchen deutsche Helden."

Am 22.Juni erfüllte sich die Berlinerin Julia Dorny einen lang gehegten Traum und wurde Europameisterin im MMA bei der IMMAF. Grund genug für uns, ein wenig auf die Europameisterschaften der IMMAF in Bukarest und im Speziellen auf Julia Dorny zu blicken. 

fight24.tv: Julia, das war dein dritter Anlauf bei der IMMAF. 2016 und 2017 hat es nicht ganz gereicht. Jetzt wurdest vor gut 10 Tagen Europameisterin der Amateure. Beschreibe mal deine Gefühlslage: was ist Dir durch den Kopf gegangen, als man Deine Arme nach oben reckte? 

Julia Dorny: Also ganz so stimmt es nicht. Das ist jetzt die 6. Medaille für mich im Rahmen der IMMAF. Ich habe im Juli 2015 das erste Mal MMA in der IMMAF gekämpft. Das war die Weltmeisterschaft in Las Vegas. Ich habe dort Bronze gewonnen und auch im selben Jahr EM- Bronze in Birmingham. Das Jahr darauf - 2016 - habe ich nochmal in Las Vegas auf der Weltmeisterschaft gekämpft und bin 2. geworden. Im Herbst gab es dann auch EM-Silber in Prag (nach einer sehr fragwürdigen Split-Decision). 2017 habe ich gar nicht auf der EM gekämpft, weil es 1. keine Gegnerin im Federgewicht gab und ich 2. ein relativ frisch operiertes Handgelenk hatte, das ich dadurch noch besser kurieren konnte. Im November 2017 bin ich auf der Weltmeisterschaft im Bahrain gestartet (auch hier wurde mir der Finaleinzug nach einer fragwürdigen Split-Decision verwehrt). Ich wurde WM-Dritte und meine Semifinalgegnerin gewann dann das Finale gegen die Britin Kaycee Blake. 2018 - also vor gut 3 Wochen - habe ich dann meinen langersehnten Kindheitstraum endlich wahr gemacht. Ich kann dir sagen: Es fühlte sich einfach nur großartig an! Erstmal, wenn du weißt, dass du gewonnen hast, und dann zudem dein Name aus dem Mikrofon schallt und der Arm nach oben geht - einfach nur großartig. Das war auch super emotional (gibt ein Video davon auf FB). Als ich dann auf dem Siegertreppchen stand und für mich die deutsche Nationalhymne spielte, konnte ich mir meine Tränen einfach nicht verkneifen (auch hier gibt es ein Video auf FB). 

fight24.tv: Die Konstellation im Hintergrund zur EM war ja nun schon eine außergewöhnliche. So wart Ihr sehr eng mit den Österreichern verwoben, insbesondre durch Gerhard und Michael Ettl, die sowohl das Team aus Österreich, als auch das deutsche betreuten. Wie war diese Erfahrung und denkst Du, dass diese doch sehr erfolgreiche Zusammenarbeit Bestand haben wird? 

Julia Dorny: Ich kenne die Ettl-Bros seit 2015. Da habe ich schon mitbekommen, was das für großartige Menschen und Trainer sind. 2017 haben wir dann Nägel mit Köpfen gemacht und die beiden Ettls waren auf der WM in meiner Corner und haben mich zudem auch mental und finanziell sehr unterstützt. Zudem hatten wir im Vorfeld auch 2 gemeinsame Trainingslager. Ich finde diese Zusammenarbeit absolut genial, wenngleich mein Herz blutet, wenn nun die GEMMAF gegen die AUTMMAF kämpfen muss. Das ist auf dieser EM 2 mal passiert. Wir müssen sehen, wie wir in Zukunft damit umgehen, wenn Deutschlang gegen Österreich ran muss. Man hängt dann leider doch irgendwie dazwischen. Auch für die Coaches ist das eine Zwickmühle. Ich wünsche mir sehr, dass wir diese Zusammenarbeit weiterhin forcieren und ausbauen. Wir haben sogar in Bukarest eine Live-Sendung gemacht mit Wahnsinns-Einschaltquoten. Also Deutschland-Österreich, das funktioniert meiner Meinung nach super - mit den beiden Ettls in der Corner kann nichts schief gehen. 

fight24.tv: Nun hast Du bereits 12 Amateurkämpfe auf deinem noch so jungen Buckel. Denkst Du da nicht langsam mal über ein Profidebüt nach und wo soll dich dein Weg im MMA noch hinführen? Hast du ein besonderes Ziel oder einen besonderen Anreiz? 

Julia Dorny: 12 ist ja nun echt noch nicht viel. Allein wenn ich mir überlege, wie viele Kämpfe letztes Jahr angekündigt waren und dann doch ausgefallen sind. Ich würde eigentlich gern alle 6 Wochen einen Kampf machen, aber das ist super hart, Kämpfe zu bekommen. Ich mache höchstwahrscheinlich mein Profi-Debüt nach der diesjährigen Weltmeisterschaft. Wohin der Weg führt, weiß ich nicht - ist ja nicht absehbar, am liebsten ganz hoch hinaus. Natürlich wäre es schon toll, eines Tages im Rahmen der UFC kämpfen zu können. Aber ich mach mich da nicht verrückt, ich habe einfach Freude am Kämpfen. 

fight24.tv: Wenn man jetzt betrachtet, dass Du bereits über eine massive Erfahrung im Amateurbereich verfügst und man sich jetzt anschaut, dass im Männerbereich viele Kämpfer ohne jeglichen Amateurbackground direkt ins Profi-MMA einsteigen: findest Du das gut oder was würdest Du jungen Kämpfern oder Kämpferinnen empfehlen? 

Julia Dorny: Ich finde es ehrlich gesagt vermessen; die Qualität des MMA leidet darunter. Wenn dieses Bild des MMA dann nach außen getragen wird, kann ich verstehen, warum Externe es "brutal" finden. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Oft fehlt die Vielseitigkeit und das tiefere Verständnis für Techniken und Lücken. Wie gesagt, das ist allein mein Empfinden. Empfehlen würde ich es niemandem, aber ich bin auch schon seit über 21 Jahren im Kampfsport unterwegs. Trotzdem mag es ja sein, dass sich einige Athleten erst im späten Alter dazu entscheiden, mit dem Kämpfen anzufangen. Dafür hab ich großen Respekt - solange es nicht aus Gründen des Prestiges passiert. 

fight24.tv: Wenn wir schon dabei sind: Frauen gerade im MMA sind ja doch leider bislang eher eine seltene Spezies. Was kannst du jungen Frauen mit auf den Weg geben, die sich mal in diesem Sport ausprobieren möchten? 

Julia Dorny: Hate it or love it. Würde es jedem empfehlen, mal zu testen, man kann dabei sehr viel über sich selbst lernen, auch, wenn man es nicht „competitive“ angeht. 

fight24.tv: Jetzt sieht man Dich ja nicht nur im Cage. Auch im medialen Kampfsportbereich bist du äußerst aktiv. So haben wir dich bereits bei den Kollegen von GnP1 gesehen. Aber auch bei fight24 warst du bereits als Interviewerin oder auch auf dem Kommentatoren-Platz tätig. Gibt es hier auch größere Pläne für die Zukunft? Was treibt dich an; was bedeutet Kampfsport für Dich, dass Du so ein Engagement zeigst?

Julia Dorny: Na ja - Pläne gibt’s da schon. Ich habe Journalismus und Unternehmenskommunikation im Bachelor studiert und mit einem Master in Medienwissenschaft mein Studium finalisiert. Ich liebe es, als Reporterin vor der Kamera zu sein, Beiträge zu produzieren und zu kommentieren. Einige Dinge wurden im Studium leider nur theoretisch vermittelt, die Praxis kann einem ja keiner beibringen. Ich habe viele Jahre Gesundheits- und Lifestylethemen im Print- und Onlinebereich bearbeitet neben dem Studium - will aber sehr gern den Bereich TV-Journalismus noch viel weiter ergründen. Das dann zu koppeln mit meiner großen Leidenschaft - dem Kampfsport -, ist wirklich ein Jackpot. Ich hoffe, dass ich das natürlich weiter ausbauen kann. 

fight24.tv: Zum Abschluss: Kampfsport, MMA, Judo.... bekanntermaßen alles eine relativ brotlose Kunst, zumindest derzeit und bei uns in Deutschland. Jetzt interessiert uns natürlich noch, was Du denn machst, wenn du nicht auf irgendeiner Matte oder in einem Cage zu Gange bist und würdest Du Dir wünschen, dass sich das Thema „vom Kampfsport leben“ in Deutschland auch mal realisieren lässt? 

Julia Dorny: Wenn ich nicht gerade kämpfe, arbeite ich als Journalistin bzw. betreue ich Projekte im Bereich Marketing und PR. In meiner Freizeit, die ja wirklich sehr begrenzt ist, treffe ich gern meine Freunde, mach Kultur-Programm, liebe es, Motorrad zu fahren und essen zu gehen. Natürlich reise und trainiere ich auch sehr gern... Ich würde mir wünschen, dass man irgendwann auch mal vom Kampfsport in Deutschland leben kann. Aber auch olympische Sportarten, wie z.B. Judo, haben dasselbe Problem. Man lebt zwar seinen Traum, aber zum Leben allein reicht es nicht...Ohne Sponsoring hast du verloren. 

fight24.tv: Was denkst müsste passieren, um dieses Ziel zu erreichen und was denkst Du könntest Du als Beitrag dazu leisten? 

Julia Dorny: Wir brauchen deutsche Helden. Wir müssen es schaffen, dass die Vielseitigkeit und Komplexität unseres Sports verstanden und angenommen wird. Dazu brauchen wir Athleten, die sympathisch, bodenständig und klug sind, einfach Sportler, denen man gern zuschaut, denen man folgt und denen man wünscht, dass sie beim nächsten Turnier wieder abräumen. Das haben zum Beispiel im Tennis Steffi Graf und Boris Becker geschafft, Schumi im Formel-1 und Fabian Hambüchen im Turnen... Sicher gibt es noch einige andere... aber genau das brauchen wir im MMA. Nick Hein für MMA würde ich auch dazu zählen... 

fight24.tv: Julia, vielen Dank für Deine Zeit und viel Erfolg für alle Dein Pläne! Und natürlich freuen wir uns, wenn Du bei all Deinen Verpflichtungen auch weiterhin immer mal wieder ein fight24-Mikrofon in der Hand hast!
 

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